Hier sieht man den Schriftzug Valladolids im Zentrum der Stadt.

Samuel Hein - Erfahrungsbericht aus Valladolid, Spanien

Hier sieht man den Schriftzug Valladolids im Zentrum der Stadt.
Foto: Samuel Hein

Samuel Luca Hein - Erfahrungsbericht aus Valladolid, Spanien

Samuel
Samuel
Foto: Samuel Hein

Mein Name ist Samuel Hein, ich bin 21 Jahre alt und studiere an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena die Fächer Spanisch und Geografie auf Gymnasiallehramt im siebten Semester. Von September 2022 bis Juli 2023 verbrachte ich ein Jahr als Stipendiat des DAAD-geförderten Projektes IDEAS zur Internationalisierung des Lehramtsstudiums an der Universidad de Valladolid in Spanien. Ursprünglich war nur ein Semester im Ausland geplant, nachdem es mir aber vor Ort so gut gefallen hat, entschied ich mich, das Erlebnis Spanien um ein weiteres halbes Jahr zu verlängern.

Nachdem es mir durch die Corona-Pandemie erstmal verwehrt geblieben war, nach dem Abitur einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren, war ich sehr froh, diesen nun endlich nachholen zu können. Diese Verzögerung der Auslandserfahrung hatte auch Vorteile, da ich so beispielsweise schon mit Hintergrundwissen aus Studium und Vorbereitungsseminaren, besseren Sprachkenntnissen und mit mehr Selbständigkeit im spanischen Lebensalltag sehr gut zurechtkam und noch offener auf die Menschen zugehen konnte. Aber erst einmal von Anfang an…

 

Bewerbungsphase bei IDEAS und Vorbereitung des Auslandaufenthalts

Die Bewerbungsphase für das Stipendium begann knapp ein Dreivierteljahr vorher. Mitte Januar 2022 erreichte mich das Stipendiumsangebot von IDEAS und mir war schnell klar, dass ich diese Chance wahrnehmen musste. So bewarb ich mich mit Notenübersicht, Empfehlungsschreiben, Motivationsschreiben und Lebenslauf und wurde kurz darauf zum Bewerbungsgespräch eingeladen. In diesem ging es vor allem um bisherige Erfahrungen im internationalen Kontext und die (persönliche) Motivation eine Zeit im Ausland verbringen und studieren zu wollen. Nach dem auch diese Hürde geschafft war, ging alles relativ schnell und ich erhielt schon ein bis zwei Wochen später die Zusage und konnte mich von nun an auf meinen Auslandsaufenthalt freuen.

Die Vorbereitungen bestanden zum einen aus privaten Angelegenheiten – WG-Zimmer kündigen, Kurse an der spanischen Uni wählen, eine Auslandskrankenversicherung abschließen – und zum anderen aus Vorbereitungsveranstaltungen von IDEAS. So fand beispielsweise ein internationales Planspiel über Zoom (u. a. mit Studierenden aus Rumänien) statt und es wurde ein Vorbereitungsseminar zur Internationalisierung für mich und meine Mitstipendiat:innen organisiert. Durch diese Angebote fiel mir die Um- und Einstellung auf den kommenden Auslandsaufenthalt sehr leicht, da ich so schon ein bisschen wusste, was mich erwarten kann bzw. erwarten wird und auch der internationale Kontext nicht mehr ganz so fremd war.

Hier kann man den Plaza Mayor in Valladolid sehen, wo ein großer Teil des öffentlichen Lebens stattfindet...
Hier kann man den Plaza Mayor in Valladolid sehen, wo ein großer Teil des öffentlichen Lebens stattfindet...
Foto: Samuel Hein

Unterkunft

Den Mietvertrag für meine erste Unterkunft in Valladolid – ein Zimmer in einer WG mit zwei anderen Personen – habe ich noch aus Deutschland unterschrieben. Diese hatte ich über die Wohnungsplattform idealista gefunden. Aus Angst davor, keine Bleibe zu finden, habe ich (leider) die erstbeste Wohnung genommen, die bereit war, mir ein Zimmer zu vermieten. In Valladolid vor Ort habe ich diese dann das erste Mal gesehen: Die beiden Mitbewohner, zwei Marokkaner, waren zwar sehr nett und zuvorkommend, die Wohnung an sich hatte aber schon bessere Tage gesehen – Kakerlaken und Schimmel inklusive. Mit Reinigungsmitteln und einem zuvorkommenden Vermieter konnte ich die Probleme einigermaßen in den Griff bekommen, sodass ich fünf Monate (September-Januar) in der Wohnung leben konnte. Ab Februar habe ich mir glücklicherweise über private Kontakte eine neue Wohnung gesucht, die dann dafür umso schöner war und ein richtiges Zuhause für mich geworden ist: ein sehr großes WG-Zimmer mit eigenem Balkon, vier tollen Mitbewohner:innen (eine Schottin, eine andere Deutsche und zwei Italiener) und die perfekte Lage direkt am Plaza Mayor, dem zentralen Platz im Stadtzentrum von Valladolid.

Insgesamt würde ich sagen, dass der Wohnungsmarkt in Valladolid relativ entspannt ist. Man hätte nicht, wie ich die erstbeste Wohnung nehmen müssen, sondern sich auch mehr Zeit bei der Suche lassen können. In Valladolid kann jeder ein geeignetes Zuhause finden. So sind auch die Mietpreise dann in einem angemessenen Rahmen: Für mein erstes WG-Zimmer habe ich 220 Euro pro Monat und für mein zweites knapp 420 Euro mit Nebenkosten bezahlt.

Spanische Tapas
Spanische Tapas
Foto: Samuel Hein

Finanzen

Finanziell ging es mir durch das großzügige IDEAS-Stipendium dauerhaft sehr gut und ich musste mir nie große Sorgen machen. Auch sind die Lebenskosten, gerade in Valladolid, nicht allzu hoch, da die Stadt nicht so touristisch ist. So konnte ich mir regelmäßig einen Kaffee, auch mal ein Bier in einer Bar für oder einfach ein paar leckere spanische Tapas leisten, ohne mir finanzielle Sorgen machen zu müssen. Auch andere Dinge des täglichen Lebens waren sehr erschwinglich. So kostete eine Busfahrt beispielsweise nur knapp 40 Cent. Unschlagbar waren auch manche Sehenswürdigkeiten wie das nationale Skulpturenmuseum, das man am Wochenende sogar komplett kostenlos besichtigen konnte. Beim Einkaufen konnte man sich wie in Deutschland entscheiden, ob man zu den „teureren“ Supermärkten (z. B. Mercadona oder Carrefour) geht oder aber zu Discountern (z. B. Lidl oder Aldi, die es auch oft in Spanien gibt).

Hier kann man das Hauptgebäude der Universidad de Valladolid sehen.
Hier kann man das Hauptgebäude der Universidad de Valladolid sehen.
Foto: Samuel Hein

Universitäres Leben

Das universitäre Leben in Valladolid war in vielen Aspekten anders als in Jena. Mir erschien alles etwas verschulter: Regelmäßige Tests während des Semesters, feste „Klassenräume“, zu denen die Dozierenden gekommen sind, sodass die Studierenden nicht den Raum wechseln mussten und kleine(re) Kurse waren hier Alltag. Auch die universitäre Organisation war anders: Alles schien deutlich entspannter und auch flexibler. So wurde ich zum Beispiel erst im Laufe der ersten Semesterwoche an der Universität immatrikuliert, obwohl ich alle erforderlichen Unterlagen bereits drei Monate vorher abgegeben hatte. Allgemein erschien es mir so, dass man immer eine Lösung finden kann, solange man sich einfach im Sekretariat/beim Dozierenden meldet und das Gespräch sucht. Das war für mich anfangs sehr ungewohnt, da ich hier in Deutschland sehr an feste Termine und Fristen gewohnt bin, aber mit der Zeit habe ich die gewisse Flexibilität sehr genossen.

Die Semestertermine und -zeiten waren in Spanien auch anders. Der Vorlesungszeitraum des Wintersemesters beginnt bereits im September und endet im Dezember vor Weihnachten. Klausuren werden z. T. bereits vor Weihnachten, spätestens aber im Januar geschrieben. Die Zweitversuche waren in der ersten Februarwoche. Das Sommersemester begann bereits Mitte Februar und endete Anfang Juni mit den Klausuren. Das heißt, dass es im Winter nur relativ kurze Semesterferien gibt, dafür diese im Sommer umso länger sind (Juni bis September). Das ist meiner Meinung nach aber auch sehr sinnvoll, da ab Mai/Juni tagsüber die Temperaturen so hoch steigen, dass ein sinnvoller Unialltag kaum möglich wäre.

Als internationaler Student wurde ich überall sehr gut angenommen, sowohl von den Profesor:innen als auch von meinen Kommiliton:innen. Oft wurde individuell auf mich und auf die anderen internationalen Studierenden eingegangen und auch nach speziellen Lösungen gesucht – beispielsweise haben wir einen gesonderten Klausurtermin vor Weihnachten bekommen, weil wir schon früher nach Hause geflogen sind und so nicht am normalen Klausurtermin hätten teilnehmen können. Insgesamt habe ich sieben Kurse an der Universität (vier im ersten und drei im zweiten Semester) besucht, die ich auch alle, trotz der fremden Sprache, im ersten Versuch bestanden habe. Diese waren sowohl aus dem geographischen als auch dem spanischen Bereich. Leider konnte ich mir nicht alle Kurse äquivalent an der FSU Jena anrechnen lassen. Trotzdem habe ich an der spanischen Uni viel gelernt und (auch spanienspezifisches) Wissen mitgenommen.

Freizeit/Reisen/Leben in Valladolid 

Mein Leben und meine Freizeit in Valladolid habe ich sehr genossen. Beispielsweise habe ich meine Zeit genutzt, um viel zu reisen und dadurch das wunderschöne Spanien und die Nachbarländer Frankreich und Portugal zu erkunden. Im Dezember 2022 habe ich eine Interrailreise entlang der spanischen Mittelmeerküste gemacht. Außerdem konnte ich die beiden großartigen balearischen Inseln Mallorca und Ibiza besuchen, im Januar 2023 für eine Woche lang die Azoren besichtigen und im Juni 2023 die Atlantikküste Südfrankreichs genießen.

Aber auch vor Ort in Valladolid war es für mich komplett normal tagsüber oft ins Café oder ins Restaurant zu gehen und abends den Tag in einer Bar mit Freund:innen ausklingen zu lassen. Außerdem gab es auch ein wirklich sehr aktives und tolles Erasmus Student Network (ESN) in Valladolid, dass unter der Woche täglich Aktionen für die internationalen Studierenden organisiert und angeboten hat. Auch Reisen zu geringen Preisen wurden von ihnen ausgerichtet. Durch dieses vielfältige Angebot war es zum einen sehr einfach neue Leute kennenzulernen (andere Erasmus-Studierende, aber auch Einheimische) und zum anderen wurde einem so auch nie langweilig. Das war vor allem in den Wintermonaten (November bis Februar) wichtig, in denen das Wetter in Valladolid gerne sehr regnerisch und auch kalt war, sodass verschiedene Freizeitangebote natürlich immer gerne angenommen worden sind.

Insgesamt war, so klischeemäßig es klingen mag, meine Zeit in Valladolid das beste Jahr in meinem bisherigen Leben. Ich habe viele tolle neue Leute aus Europa und der ganzen Welt kennengelernt, ich konnte viel von Spanien sehen und gleichzeitig auch unglaublich viel für und über mich selber lernen. So kann ich abschließend nur sagen, dass Valladolid, aber auch Spanien insgesamt, mit seinen vielen Facetten ein absolutes Zuhause geworden ist, das ich jederzeit gerne wieder besuchen werde.

Hier kann man Valladolid aus der Luft vom Kathedralenturm sehen.
Hier kann man Valladolid aus der Luft vom Kathedralenturm sehen.
Foto: Samuel Hein

Ich bin dem IDEAS-Projekt, welches diese Erfahrung überhaupt ermöglicht hat und jedem und jeder Einzelnen, die ich vor Ort kennengelernt habe, sehr dankbar dafür, dass sie dieses Jahr so sehr für mich geprägt haben, und kann jedem nur empfehlen auch ins Ausland und auch nach Valladolid zu gehen.

Falls ihr noch Fragen haben solltet, könnt ihr mir gerne jederzeit per Email (samuel.luca.hein@uni-jena.de) schreiben.